
Luis Angel Muñoz
- Posted by Nicole Bee
- On September 28, 2016
- 1 Comments
El Señor mandará sus ángeles a ti, para que te cuiden en todos tus caminos.
Luis, estoy muy triste que ya no estas en este mundo, que no puedo hablar mas contigo. Me vas a hacer muchisima falta!
Estoy muy agradecida haberte conocido en este dia cuando llegué por primera vez a tu barrio. Desde este dia teniamos una amistad muy bonita. Admiro tu fuerza que siempre has tenido y al mismo tiempo permitias de tener momentos debiles y emocionales. Nosotros somos los dos llorones y ahora lloro por ti y creo que lo vas a entender. Siempre tienes un espacio en mi corazón Don Luis – descanza en paz (ya no tienes que nadar contra la corriente)!
Es war ein sonniger Tag irgendwann im Jahr 2008 oder 2009, als ich Luis kennenlernte. Zusammen mit einer befreundeten Journalistin nahm ich an einer Presse-Tour zum Thema Pablo Escobar teil und so besuchten wir auch das gleichnamige Viertel. Ein brasilianischer Reporter ging mir mit seinem unpassenden Verhalten so sehr auf den Keks, dass ich mich von der Gruppe entfernte.
Ich fragte die teilweise finster dreinblickenden Menschen nach der Geschichte des Viertels – ich wollte etwas mehr erfahren, als die Klischees, die auf dieser Tour bedient wurden. Alle Leute, die ich fragte, sagten mir das Gleiche: “Geh zu Don Luis in die Bibliothek, er kann dir mehr erzählen” und deuteten auf ein kleines, trükis gestrichenes Haus mit Gittern vor den Fenstern in der gleichen Straße.
Im Hauseingang standen ein paar Kinder, die mich fragend ansahen. Ich klopfte vorsichtig an und trat herein. Ich erinnere mich, dass mich der Anblick des Hauses und auch von Luis erst einmal erschreckte. Es war kalt in den vier Wänden, in denen keine Wand verputzt und außer dem Estrich kein Bodenbelag verlegt war. Auf einer alten Matratze, am Boden, hockte Luis, der seit seinem 10. Lebensjahr an Muskelschwund litt. Durch seine Lähmungen schien auch sein Gesichtsausdruck zunächst sehr ernst.
Ich stellte mich vor und erzählte, dass seine Nachbarn mich geschickt hätten, um mehr über das Viertel zu erfahren. Luis lud mich ein, mich zu ihm zu setzen. Ich denke, er wird einem der Kinder gesagt haben, sie sollen mir einen Stuhl geben und sicherlich hat er auch jemanden losgeschickt, mir ein Getränk zu besorgen. Da versagt meine Erinnerung leider, aber so ist es bei den Folgebesuchen immer gewesen.
Ich erfuhr, dass das Stadtviertel früher auch “Medellin sin tugurios – Medellin ohne Hütten” hieß, da die Menschen hier unter freiem Himmel auf der Straße lebten. “Wie auf einer Müllkippe – die Menschen stritten mit den Geiern um das Essen”, erzählte Luis. Bis Pablo Escobar begann hier – in einem der größten sozialen Brennpunkte der Stadt – Häuser zu bauen und zu verschenken. Auch das Haus von Luis war ein Geschenk der Familie Escobar.
Luis lebte hier im Erdgeschoss, die obere Etage und auch ein Hinterzimmer vermietete er, um von den Erträgen zu leben, denn arbeiten konnte er mit seiner Krankheit schon lange nicht mehr. Dennoch war er auf der Suche nach einer Aufgabe. Er wollte etwas tun, nicht nur herumsitzen. Seine beste Freundin – Luz Marina – schlug ihm 1992 vor, eine Bibliothek für die Kinder des Viertels einzurichten, denn Platz hatte Luis dafür. Damals galt das Viertel noch als illegal – es war von der Stadt nicht anerkannt und bekam so keine Zuschüsse für Kindergärten, Schulen, Spielplätze oder gar eine Bibliothek. Luz Marina musste Luis nicht lange überreden. Sie besorgte gebrauchte Bücher und richtete den Raum neben seiner Matratze mit Regalen und einem großen Tisch und Stühlen ein.
Ich habe Luis nie gefragt, wie seine Bibliothek dann so schnell so beliebt wurde, aber es funktionierte und heraus kam die für mich schönste Symbiose aus zwischenmenschlichen Beziehungen, die ich jemals kennengelernt habe.
Die Kinder kamen nach der Schule oder nach dem Kindergarten zu Luis. Hier hatten sie jemanden, der ihnen bei den Hausaufgaben half, ihnen ein Buch vorlas oder auch mal mit ihnen Fernsehen schaute. Die Bibliothek war für sie ein Zufluchtsort – Zuflucht vor Gewalt, Angst und Hass, die in diesem Stadtviertel – damals noch viel stärker als heute – das Leben bestimmten. Für einige Kinder war die Bibliothek sicherlich die Rettung vor dem Bandenleben und der Kriminalität.
Luis fühlte sich gebraucht – er konnte sein Wissen und seine Fürsorge an die Kinder weitergeben. Als sie älter wurden, begannen viele der Kinder sich um Luis zu kümmern. Es gab immer jemanden, der ihn morgens badete und ankleidete. Eine Nachbarin brachte ihm Mittagessen und am Abend kam immer jemand vorbei, der ihm half sich schlafen zu legen.
Einige derjenigen, die damals als Kinder zu Luis in die Bibliothek kamen, haben ihn gestern auf seinem letzten Weg begleitet, denn Luis ist am 26.09.2016 unerwartet und plötzlich verstorben.
Dieser Artikel ist für Luis, ein Mann, der für mich der Inbegriff von Kraft und Mut ist. Ich habe ihn immer sehr bewundert, wie er sein Leben meistert und sich dabei noch für andere einsetzt. Luis war ein sympatischer Sturkopf, ein Emotionsbündel und eine Heulsuse. Wir konnten gemeinsam lachen und weinen, ein paar Mal hab ich ihm ordentlich den Kopf gewaschen und er hat es mir nicht übel genommen. Luis liebte Fussball – noch vor ein paar Wochen hat er mir geschrieben, wie glücklich er ist, dass seine Mannschaft die kolumbianische Meisterschaft gewann. Er liebte Musik und Filme, die er auf seinem Laptop hören und schauen konnte, er war weltoffen und neugierig – ein intelligenter Mann auf allen Ebenen. Luis war sehr gläubig – die Novenas im letzten Jahr, als ich zu Besuch war, genoss er sehr – besonders die Buñuelos und die Natilla. Luis war ein Unikat, ein ganz besonderer Mensch, der die Welt ein bisschen besser gemacht hat. Ich bin glücklich, ihn gekannt zu haben, aber auch sehr traurig, dass er nun nicht mehr bei uns ist.
Te quiero mi amigo Luis!
Warum ich diese sehr persönliche Geschichte veröffentliche? Ich möchte, dass die Menschen erfahren, wer Luis war und was er für sein Viertel getan hat. Mein Traum ist es, im Barrio Pablo Escobar wieder eine Bibliothek mit seinem Namen aufzubauen, denn der Staat hat ihm vor einem Jahr sein Haus genommen und damit der Bibliothek ein Ende gesetzt. Bisher gibt es noch keine konkreten Pläne, aber ich werde weiter über dieses Vorhaben berichten.
1 Comment